PICKERING-EMULSIONEN ALS ALTERNATIVE ZU KLASSISCHEN EMULSIONEN
Pickering-Emulsionen sind flüssig dispergierte Systeme, die durch feste Partikel anstelle von Emulgatoren stabilisiert werden und als Alternative zu klassischen Emulsionen umfassend untersucht wurden.
Emulsionen sind weit verbreitete Formulierungen im pharmazeutischen und kosmetischen Bereich, stellen jedoch aufgrund ihrer thermodynamischen Instabilität äußerst anspruchsvolle Systeme dar. Doch Emulsionen sind effiziente Vehikel für topische Anwendungen, die die Einarbeitung sowohl hydrophiler als auch lipophiler Wirkstoffe in die innere Phase ermöglichen. Dadurch werden die Wirkstoffe vor Degradierung geschützt und ihre Freisetzung kontrolliert.
Pickering-Emulsionen
Eine Stabilisierung von thermodynamisch instabilen Emulsionen wird in der Regel durch die Verwendung von synthetischen Emulgatoren erreicht. Doch diese Verbindungen sind bzgl. ökologischen und toxikologischen Aspekten manchmal nicht unbedenklich. Pickering-Emulsionen enthalten keine oberflächenaktiven Subtanzen wie Emulgatoren und unterscheiden sich somit von herkömmlichen Emulsionen, die anstelle von Emulgatoren durch kleine Feststoffpartikel stabilisiert werden. Das wird durch die doppelte Benetzbarkeit der Partikel durch die Emulsionströpfchen erreicht. Da ihre Oberfläche teilweise von Wasser und teilweise von Öl benetzt wird, reichern sie sich spontan an Grenzfläche zwischen beiden Phasen an. Bei Pickering-Emulsionen besteht die äußere Phase aus der Flüssigkeit mit den besseren Benetzungseigenschaften, während die innere Phase aus der Flüssigkeit mit den schlechteren Benetzungseigenschaften besteht.
Herkunft der stabilisierenden Partikel
Die festen Partikel, die als Stabilisatoren in Pickering-Emulsionen verwendet werden, können organischen Ursprungs, wie Polymerlatex oder Stärke, oder anorganischen Ursprungs, wie Siliciumdioxid, Titandioxid und Tonpartikel, sein. Darüber hinaus werden auch Nanopartikel und Cyclodextrine (CD) als Emulsionsstabilisatoren untersucht. Mehrere Parameter beeinflussen die Wirksamkeit von Feststoffpartikeln als Pickeringsche Emulsionsstabilisatoren wie z.B. ihre Form und Größe, Konzentration, Benetzbarkeit und Partikelwechselwirkungen. In allen Fällen muss die Größe
er als Stabilisatoren verwendeten Partikel deutlich kleiner sein als die Größe der Emulsionströpfchen. Dadurch wird die zur Stabilisierung einer bestimmten Emulsionstropfengrenzfläche erforderliche Menge reduziert.
Partikel auf anorganischer Basis wie Siliciumdioxid und Titandioxid (TiO2) sind die am häufigsten verwendeten Pickering-Emulsionsstabilisatoren. Es sind verschiedene Qualitäten kommerziell erhältlich, die verwendet werden können. Man findet sie in Größen von Nanometern bis Mikrometern und mit unterschiedlichen Oberflächen und Hydrophobie, die durch Veränderung der Beschichtung der Partikel, des Grades der chemischen Modifikation oder des Grades der Substitution durch funktionelle Gruppen eingestellt werden können.
Biokompatible Verbindungen als aktueller Trend
Der aktuelle Trend auf dem pharmazeutischen und kosmetischen Markt besteht darin, unter Verwendung natürlicher Verbindungen grüne Endprodukte zu formulieren, die hauptsächlich aus Pflanzen oder Mikroorganismen gewonnen werden. Organische Partikel wie Stärke und Cyclodextrine sind Beispiele für biokompatible und umweltfreundliche Verbindungen, die zur Stabilisierung von Pickering’schen Emulsionen verwendet werden können.
Einige anorganische Partikel bieten ebenfalls nachhaltige und ökologische Lösungen als Stabilisatoren für Emulsionen wie zum Beispiel Calciumcarbonat (CC), das in der Kosmetikindustrie weithin als Puffer in Formulierungen, als Trübungs- und Absorptionsmittel in ölfreien Basen und Feuchthaltemitteln, als Schleifmittel in Zahnpasten und Peelings etc. verwendet wird. Calciumcarbonat ist eine inerte chemische Verbindung, die aus Marmor, Kalkstein und anderen mineralischen Gesteinsfundamenten gewonnen wird. Es kann in verschiedenen Reinheitsgraden (industriell, chemisch, pharmazeutisch) geliefert werden.
Kosmetische Calciumcarbonat-Emulsion
Eine Pickering-Emulsion mit hoher Hautverträglichkeit wurde mit biokompatiblen Calciumcarbonat-Partikeln als Stabilisator entwickelt und optimiert und ein grünes und natürliches Produkt hergestellt, das gleichzeitig von den positiven Eigenschaften von Calciumcarbonat profitiert.
Für den Optimierungsprozess wurde ein „Quality by Design“ (QbD)-Ansatz verwendet. Die entwickelte Pickering-Emulsion wurde auf physikalisch-chemischer Ebene charakterisiert. Seine biologische Unbedenklichkeit für die topische Anwendung wurde mittels Zytotoxizitätsstudien an der humanen Keratinozyten-Zelllinie HaCaT geprüft.
In der Kosmetikindustrie ist es sehr wichtig, mit Partikeln größer als 100 nm zu arbeiten, um regulatorische Probleme wie das Vorhandensein von „Nanopartikeln“ zu umgehen. Partikel im Mikrometer-Bereich sind klein genug, um die zur Stabilisierung der Tröpfchen-Grenzfläche erforderliche Menge zu reduzieren. Gleichzeitig erhält die Emulsion so eine kleinere Tröpfchengröße.
Vielseitigkeit aus erneuerbaren Ressourcen
In der erwähnten Arbeit wurde eine neue und innovative Pickering-Endemulsion hergestellt, die biokompatibles anorganisches Calciumcarbonat als Stabilisator verwendet. Die Formulierung verfügt über eine sehr gute Hautverträglichkeit und entspricht außerdem dem Wunsch der Verbraucher nach natürlichen und ökologischen Produkten. Auch der pH-Wert der Emulsion ist mit dem pH-Wert der menschlichen Haut kompatibel. Darüber hinaus weist die Formulierung eine starke Netzwerkstruktur mit Scherverdünnungsverhalten auf. Die resultierende Emulsion ist der viskosen klassischen Komponente überlegen und z.B. pumpbar oder über einen Dispenser applizierbar.
Die in-vitro-Tests mit humanen Keratinocyten zeigen, dass die Formulierung hautverträglich und nicht reizend ist und somit sollte die Formulierung ein geeignetes Vehikel für topische Applikationen sein. Ökologische und auch erneuerbare Ressourcen wie Calciumcarbonat, modifizierte Stärke, Chitosan und Cyclodextrine sind interessante Stabilisatoren und eröffnen neue Möglichkeiten beim Formulieren pharmazeutischer und kosmetischer Emulsionen.
Übersetzung: Ute Wollenweber,
care-and-science, Deutschland | November 2020
Originaltext u. Autorin: „Uso de emulsiones pickering como alternativa para formulaciones tópicas”
https://www.cosmeticlatam.com, 27.10.2020. Paola Gioffre, Cosmetic LatAm